Der Hatha-Yoga entspringt der tantristischen Lehre. Damit ist eine Zugewandheit zum Weltlichen und eine positive Einstellung zum eigenen Körper gemeint. Dies impliziert auch, dass man sich nicht in die Einsamkeit zurückzieht, um seinen Yoga-Weg zu gehen, sondern diesen Weg auf dem Schlachtfeld des Lebens geht.
Yoga führt immer zurück ins Leben (= Integration).
Der Hatha-Yoga ist eine geistige Disziplin, die ihren Einzug über den Körper hält. Nach der Stufe der Asanas folgen Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi – die Stufen nach Patanjali.
Uwe Bräutigam beschreibt in einem Aufsatz [1], dass hier im Westen Hathas-Yoga nahzu immer mit Körperhaltungen gleich gesetzt und damit auf den Körper reduziert, sprich degradiert wird.
Die Subline auf dem Buch „Hatha Yoga“ von Mikel Burley steht 'Einheit von Körper, Geist und Seele’. Burley nennt als wichtigstes Ziel Vereinigung. Einheit – Vereinigung. – Wer vereinigt sich? In unserem Körper fließen 2 Formen von Prana (= feinstoffliche Lebensenergie) – Apana und Prana.
Prana: fließt aufwärts, durch Pingala-Nadi (Sonne, wärmend) – Apana: fließt abwärts,durch Ida-Nadi (Mond, kühlend).
Normalerweise fließt Prana in den beschriebenen Formen durch bestimmte Körperöffnungen ab. Im Yoga können diese Körperöffnungen durch das Anspannen bestimmter Muskeln, Muskelgruppen geschlossen – und damit am Abfließen gehindert – werden. Die Verschlüsse nennt man Mudras (= Siegel). Durch den Einsatz der Mudras werden die eingangs beschriebenen beiden Formen von Prana umgeleitet – Prana fließt dann abwärts und Apana aufwärts. Durch das Umlenken in die Gegenrichtung vereinigen sich Prana und Apana zu 1 Lebensenergiestrom und fließen durch den Zentralkanal der Wirbelsäule, der Sushumna.
Diese Vereinigung wiederum sorgt für Tapas (= Hitze) und Agni (= Feuer). Hitze und Feuer sollen das Aufsteigen der Kundalini forcieren.
Burley nennt für das Adjektiv hatha folgende Übersetzungen: kraftvoll, fest, dauerhaft, energetisch, agressiv, gewaltsam. Gemeint seien damit kraftvolle Techniken im Hatha-Yoga. [2]
Swami Satyananda Saraswati [3] erklärt, dass die Nadis und Chakren ständig Prana ausstrahlen. Dieses Prana aber aus dem Körper entweicht und sich zerstreut. „Mudras bilden eine Art Barriere für Prana, so dass die Energie im Körper verbleibt.“ Dadurch, dass Prana im Körper gehalten wird, kann der Geist zur Ruhe kommen, der Yogi wird mit der Aufmerksamkeit nach Innen geführt, die Konzentration wird gefördert. Und letztendlich ist die Kundalinie-Erweckung das Ziel.
Swami Satyananda Saraswati schreibt zur Zielsetzung im Hatha-Yoga, dass der Lebensenergie-Strom in Ida-Nadi und Pingala-Nadi auszugleichen, zu harmonisieren ist. Während eines Tages und einer Nacht sollte die Lebensenergie 12 Stunden durch Ida-Nadi und 12 Stunden durch Pingala-Nadi fließen. Wenn diese beiden Nadis gereinigt sind und der Geist beherrscht ist, dann erst kann sich der Zentralstrom Sushumna-Nadi öffnen. Und dann erst funktioniert Meditation.[4]
Wenn noch Fragen zur Definition von Hatha Yoga offen sind, sprecht mich an oder schickt eine Mail!
Eure
Ute
[1] Wegweiser zur Quelle, GGF Verlag, 2. Auflage 2001, Seiten 179 ff.
[2] Mikel Burley „Hatha Yoga“, Lotos Verlag, 1. Auflage 2005, Seiten 7 bis 17
[3] Swami Satyananda Saraswati „Àsana, PrÀnÀyÀma, MudrÀ, Bandha“,
Yoga – Publications Trust , Munger, Bihar, India, 3. Auflage 2007, Seiten 423 ff.
[4] Swami Satyananda Saraswati "Asana, Pranayama, Mudra, Bandha“,
Yoga Publications Trust ,Munger, Bihar, India, 3. Auflage 2007, Seiten 523