Der GANDIVA YOGA-Adventskalender am 9. Dezember: Weisheitsgeschichte „Du trägst sie immer noch!“

                            Kugel_Lila_9

Während meiner Yoga-Lehrer-Ausbildung hat uns ein Lehrer einmal eine ganz tiefsinnige Geschichte erzählt, die seit dem alle paar Wochen meine Gedanken kreuzt. Auf der Suche nach dieser Geschichte im Netz landete ich auf der Seite einer Seminar-Anbieterin*, die eine Rubrik Weisheitsgeschichten hat. Und unter diesen Geschichten fand ich auch die, die mich vor Jahren so nachhaltig berührte. Und natürlich möchte ich diese sehr gerne mit Euch teilen.

Die Seminar-Anbieterin hat eine tolle Headline für die Sammlung der Weisheitsgeschichten gewählt:

"Kindern erzählt man Geschichten zum Einschlafen, Erwachsenen zum Aufwachen!"

Wie sie schreibt, ist dieser Ausspruch ein Zitat von einem argentinischen Psychiater und Geschichtenerzähler: Jorge Bacay.

Und nun zur Weisheit:

Auf dem Rückweg von einer längeren Pilgerreise näherten sich zwei Zen-Mönche einem Fluss. Schon von weitem konnten sie eine anmutige, junge Frau erkennen, die unruhig am Flussufer hin und her trippelte. Es stellte sich heraus, dass sie nicht schwimmen konnte und sich fürchtete, den Fluss zu überqueren.

Der jüngere Mönch hob sie deshalb auf seine Schultern und trug sie ans andere Ufer hinüber. Dort setzte er sie ab und die junge Frau und die zwei Mönche gingen wieder getrennte Wege.

Der andere Mönch kochte vor Wut und Empörung. Buddhistischen Mönchen war es verboten eine Frau zu berühren! Und dieser scheinheilige Kerl hatte die junge Frau nicht nur berührt, sondern sie sogar auf seinen Schultern getragen. Eine der heiligsten Regeln war gebrochen worden.

Er sagte kein Wort, aber das unzüchtige Bild verfolgte ihn Meile um Meile und er wurde immer wütender.

Am Abend erreichten sie ihr Kloster. Kurz bevor sie durch das Tor traten, hielt der empörte Mönch den Jüngeren am Ärmel fest. "Hör zu" sagte er, was Du heute getan hast, werde ich dem Meister melden müssen. Du hast ein Verbot übertreten und musst dafür bestraft werden. Ich werde es melden müssen."

Der andere Mönch sah ihn überrascht an.

"Wovon redest Du?", fragte er. "Was musst Du melden?"

"Tu doch nicht so unschuldig. Du hast die schöne, junge Frau über den Fluss getragen! Hast du das etwa vergessen?", entgegnete der erboste Mönch.

Da begann der andere Mönch zu lachen. "Das stimmt." sagte er, "das habe ich getan. Aber ich habe sie vor vielen Stunden am Flussufer abgesetzt.  Du trägst sie immer noch!"

Wir erleben Dinge, hören Dinge, die wir gleich danach abgehakt haben sollten und könnten, aber dann kauen wir darauf herum, immer und immer wieder, führen Dialoge. Weil wir es nicht schaffen, oder vielleicht nur zeitweise schaffen, 'die Hure abzusetzen'. Wir setzen sie mal ab, laden Sie dann aber wieder auf unsere Schultern, wieder und wieder … und vielleicht noch immer.

Mir hat die Geschichte schon oft geholfen. Auch wenn die "Hure" mir manchmal schnell von meiner Schulter aus wieder zugezwinkert hat …….

Herzensgrüße
Eure Ute

* www.holitzka-seminare.de