Was wissen wir eigentlich über unser Zwerchfell? Wer sich mit Yoga und im Speziellen mit der Atmung und Atemtechniken beschäftigt, weiß vielleicht noch, dass das Zwerchfell der größte Atemmuskel ist und den Brustraum vom Bauchraum trennt, bildet also den Boden der Brusthöhle und den Deckel der Bauchhöhle. Alles, was an Wissen darüber hinausgeht, liegt oft im Nebel.
Übrigens, wenn wir Schluckauf haben, dann ist auch das schon eine Verkrampfung des Zwerchfells. Auch Seitenstiche zählen zu den Zwerchfellverkrampfungen. Beides normalerweise harmlos und nach kurzer Zeit wieder vorbei.
Mit jedem Atemzug bemühen wir das Zwerchfell. Ohne Zwerchfell keine Atmung. Wenn wir einatmen, kontrahiert sich das Zwerchfell und die Entspannung folgt, wenn wir ausatmen.
Damit wir gesund bleiben, muss unser Zwerchfell einerseits stark sein, andererseits aber auch gut nachgeben können, also eine gewisse Flexibilität haben. Ist die Balance aus diesen Polen nicht mehr gewährleistet, kann es zu
Kopfschmerzen
Nackenverspannungen
Hüftschmerzen
Rückenschmerzen
Brustschmerzen durch blockiere Brustwirbel
Knieschmerzen
Oberbauchschmerzen
Sodbrennen
Stimmbandreizungen
Schmerzen beim Atmen
Herzstolpern, Herzrhythmusstörungen
Problem beim tiefen Durchatmen
Probleme mit der Verdauung
kommen.
Bei der Physiotherapeutin Helen Schmidt von Yoga-Body, die auch Yoga-Lehrerin ist, las ich auf der Seite:
„Das Zwerchfell bestimmt Deinen Schmerz“.
Was für ein Satz! WOW! Was für ein Schlüssel!
Starten wir mit einem Test, in welchem Zustand DEIN Zwerchfell ist. Im Netz kursieren diverse Tests, im Rahmen von Fortbildungen lernt man diverse Tests, ich habe den nachfolgenden noch im Kopf. Sicher, weil er sich von einer unserer bekannten Yoga-Übungen ableitet, dem Krokodil:
Roll Deine Matte aus. Zieh Dir bequeme Sport- oder Wellnesskleidung an.
Lege Dich in Rückenlage auf Deine Matte.
Arme seitlich ausbreiten auf Schulterhöhe.
Stell die Füße vor dem Gesäß auf. Fußinnenkannten berühren sich.
Ausatmend die Knie geschlossen nach rechts zum Boden sinken lassen.
Einatmend wieder zur Mitte kommen.
Ausatmend fließen die Knie geschlossen nach links.
Einatmend wieder zur Mitte kommen.
Und, wo sind Deine Knie angekommen?
Knie am Boden. Schultern bilden die Basis und behalten den Kontakt zur Matte?
SEHR GUT! Damit sollte Dein Zwerchfell frei arbeiten können.
Knie kommt jeweils fast zum Boden. Wenn die Knie rechts liegen, will die linke Schulter nicht so recht am Boden bleiben. Liegen die Knie links, hat die rechte Schulter Mühe den Kontakt zum Boden zu halten.
Das könnte ein Hinweis sein, dass Dein Zwerchfell Training braucht.
Deine Knie hängen in der Luft. Für die gegenläufige Schulter (zum Knie) ist der Kontakt zum Boden unmöglich.
Wahrscheinlich ist Dein Zwerchfell zu wenig flexibel, eher verspannt, zu hart und braucht Training.
Und wenn wir uns jetzt noch einmal anschauen, wo genau sich das Zwerchfell im Körper befindet, wo es an“dockt“ und mit welchen Strukturen es verbunden ist, dann wir uns so einiges klar. Ein Teil der Zwerchfell-Muskelkuppel ist am Brustbein fixiert, ein anderer an den Rippen und ein weiterer an der Lendenwirbelsäule. Damit erschließen sich so manche Beschwerdebilder, Symptome direkt.
Oben auf dem Zwerchfell liegen die Lungenflügel und das Herz und unterhalb des Zwerchfell befinden sich die Bauchorgane. Das Zwerchfell massiert durch die Bewegung bei der Ein- und Ausatmung die Bauchorgane. Organe zu bewegen heißt Organe zu durchbluten. Und Organe zu durchbluten bedeutet Organe immer wieder mit neuen Nährstoffen zu versorgen:
Übrigens kann das Zwerchfell somit sogar die Verdauung beeinflussen.
Und dann gibt es da ja auch noch Organe und Strukturen, die durch die Muskelkuppel (Zwerchfell) laufen. Dazu gehören zum Beispiel Teile des Magens und die Speiseröhre. Mit diesem Wissen erschließen sich wieder weitere Beschwerdebilder. Bei der Speiseröhre so zum Beispiel das Sodbrennen.
Was unser Zwerchfell garnicht mag:
– flaches Atmen
– langes Sitzen – schlimmer noch: zusammengesackt Sitzen
– Stress
„Auf dem Zwerchfell liegen die beiden Lungenflügel und unser Herz auf. Zwerchfell, Lungen und Herz sind miteinander verbunden über Faszien. Mit jeder Atmung werden Lungen und Herz hoch und runter geschoben. Diese Bewegung kommt über das Lungenfell bis nach oben zu den Lungenspitzen. Hier an den Kuppeln der Lungen bestehen Verbindungen über Faszien und Bänder zur Halswirbelsäule. Diese Verbindung ist sehr wichtig und unbedingt bei allen Beschwerden der Halswirbelsäule zu beachten. Mit der Behandlung des Zwerchfells, verbessert sich die Beweglichkeit in der Halswirbelsäule deutlich. “ (Helen Schmidt, Physiotherapeutin und Yoga-Lehrerin, Yoga-Body)
Wie wir unser Zwerchfell happy und uns gesünder machen:
– möglichst oft am Tag bewusst tief ein- und ausatmen
– gleichmäßig atmen, den Atem nicht stocken lassen
– Ausatmung doppelt so lang wie die Einatmung
– gute Aufrichtung ist das A und O
– Schultern nach hinten unten nehmen
– viel Lachen
– Stress abbauen
– Entspannungsübungen, wie Yoga
– Selbstmassage des Zwerchfells
In meiner Zusatzausbildung zum Thema Beckenboden wurde mir die Verbindung zwischen Zwerchfell und Beckenboden klar und auch die Tatsache, dass eine Verspannung im Beckenboden auch das Zwerchfell beeinflusst – und natürlich umgekehrt – und sich nach Beckenbodentraining auch Zwerchfellprobleme lösen können und umgekehrt. Der Beckenboden ist die Gegenkuppel zum Zwerchfell. Somit beeinflusst die Muskelspannung des Beckenbodens (die Muskelplatte in drei Schichten) auch die Atmung. Der Beckenboden ist über das vordere Längsband der Wirbelsäule und natürlich über das ganze Fasziensystem mit dem Zwerchfell untrennbar verknüpft.
Ich bin gespannt, wie Ihr jetzt mit Eurem Zwerchfell intensiver in Kontakt tretet und welche Erkenntnisse sich offenbaren. Gut zu wissen, dass wir unserem Zwerchfell – und somit unserer Gesundheit – ‚wohltun‘ können. Noch besser zu wissen, wie wir das tun.
Bleibt gesund!
Herzensgrüße.
Eure Ute